SWM AG – Zum Eigentumserwerb am Gold  

Veröffentlicht:

Dienstag, 19.03.2024
von Die Redaktion

Uns hat der Wirtschaftsprüferbericht vom 19. Januar 2024 bezüglich der Richtigkeit der Bestandsmitteilungen des Edelmetallbestände der SWM AG in einem Punkt stutzig gemacht, nämlich hinsichtlich der Frage des Eigentumserwerbs. Wir haben uns die Meinung eines Rechtsanwalts dazu eingeholt (Zitat):

Das Angebot der SWM AG wirft – geht man nur von den Informationen auf der Homepage der Gesellschaft aus – ein einem Punkt eine spannende Frage auf, die auch schon aus anderen Komplexen (BWF-Stiftung, PIM Gold) vor Gerichten diskutiert wurde: Wann und wie wird der Kunde eigentlich Eigentümer? Daneben stellt sich bei Verträgen mit ausländischen Gesellschaften routinemäßig die Frage, nach welchem Recht dies zu beurteilen wäre. Gemäß den AGB auf der SWM-Homepage (https://swm-ag.li/index.php/de/agbs) soll grundsätzlich liechtensteinisches Recht Anwendung finden.

Wir können nur das deutsche Recht beurteilen. Die nachfolgenden Ausführungen sind also allenfalls eingeschränkt verwertbar. Nach deutschem Recht ist jedenfalls dabei zunächst der jeweilige Vertrag mit dem Goldkäufer/Anleger maßgeblich. Viel entscheidender ist aber, wie der Eigentumserwerb durch den Anleger tatsächlich erfolgt. Denn im deutschen Sachenrecht steckt der Teufel im Detail, d.h. sind die tatsächlichen Umstände wie zum Beispiel die konkrete Übergabe oder das Übergabesurrogat, die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der jeweiligen Sache und der Wille der jeweils involvierten Personen entscheidend. Indes gilt auch im liechtensteinischen Zivilrecht das sog. Spezialitätsprinzip. Auch dort beziehen sich Sachenrechte immer nur auf einzelne Sachen. Gemäß dem Spezialitätsprinzip (auch Bestimmtheitsgrundsatz, den es auch im deutschen Eigentumsrecht gibt) können dingliche Rechte daher nur an einer ganz bestimmten Sache bestehen.

Im PIM Gold-Komplex mussten sich die Anleger belehren lassen, dass für den Aussonderungsanspruch im Insolvenzfall eine wirksame Eigentumsübertragung für den jeweiligen Anleger erforderlich ist. Diese erfolgte bei PIM Gold allerdings nicht. Denn eine Lagerung des Goldes dergestalt, dass es getrennt den jeweiligen Anlegern zugeordnet werden konnte, fand nicht statt (von den fehlenden Beständen einmal abgesehen). Es konnte also nicht bestimmt werden, welches Gold oder welcher Anteil einem oder mehreren Anlegern bzw. Eigentümern zuzuordnen ist oder wann genau zuzuordnen war, womit kein Eigentum der (welcher genau?) Anleger begründet wurde und auch ein Aussonderungsanspruch ausschied. Ähnlich verhielt es sich bei der BWF-Stiftung. Dort waren konzeptionell Sachdarlehen vorgesehen und ein variierender Goldbestand. Damit war es schon im Ansatz nicht möglich, den jeweiligen Eigentumserwerb durch einen individuellen Anleger zu bestimmen (hier von den gefälschten Beständen einmal abgesehen).

 

  1. Angaben in der Übersicht auf der SWM-Homepage

 

Diesbezüglich ergibt sich aus der Homepage der SWM AG aus dem folgenden Link (https://swm-ag.li/index.php/de/swm-ag/vorteile-uebersicht), abgerufen am 17.03.2024 um 15.00 h:

 

„1. Günstigste Einkaufskonditionen – Z.B. durch Weitergabe der Großmengenpreise (Kilopreise) auch an Kleinmengenbezieher.“

 

Dies deutet darauf hin, dass bei kiloweisem Erwerb durch die SWM AG noch kein Eigentum für den Kleinmengenbezieher begründet wird, da die kleineren Investitionen nicht mit der größeren Erwerbsmenge identisch sind. Somit ist fraglich, wann und unter welchen Bedingungen bei der Einlagerung Eigentum welchen konkreten Goldes für welchen individuellen Anleger begründet wird.

 

„5. Physische Rückübertragung an die Kunden – Die gekauften Werte unserer Kunden bestehen nicht nur auf dem Papier. Es handelt sich um echte, physische Werte, die im Eigentum des Kunden verbleiben.“

 

Was ist hier mit Rückübertragung gemeint? Herausgabe bereits begründeten Eigentums oder tatsächlich die Rückübertragung des Eigentums? Falls letzteres gemeint ist, wer war dann vorher Eigentümer?

 

„11. Die Insolvenzsicherheit ist gegeben – Das liegt an der Tatsache, dass die physischen Werte der Edelmetalle nicht verfallen.“

 

Mit der im Gold-Vertrieb gerne benutzten „Insolvenzsicherheit“ ist üblicherweise gemeint, dass der jeweilige Anleger sein Gold unabhängig von der Insolvenz der Anbieterin herausverlangen kann, was der Fall ist, wenn er tatsächlich Eigentümer ist. Diesbezüglich gibt die Formulierung aber keinen Aufschluss. Gemeint sein könnte auch, dass das Gold in der Insolvenzmasse wertbeständig ist. Dort gehört es aber nur hin, soweit die Kunden/Anleger kein Eigentum erworben haben.

 

„14. Umfassende Informationen über den individuellen Kundenbestand – Auch über die generelle Wertentwicklung von Edelmetallen halten wir unsere Kunden auf dem aktuellen Wissensstand, damit sie selbst entscheiden können.“

 

Der zweite Satz geht am ersten vorbei. Soll nun über den individuellen Kundenbestand – also das konkrete Gold des einzelnen Anlegers – oder über die generelle Wertentwicklung von Edelmetallen informiert werden?

 

Bezüglich des Eigentumserwerbs ist Homepage insoweit also nicht aufschlussreich.

 

  1. Formulierung im Wirtschaftsprüferbericht

 

Im Wirtschaftsprüferbericht vom 19. Januar 2024 bezüglich der Richtigkeit der Bestandsmitteilungen des Edelmetallbestände der SWM AG findet sich wiederum die folgende Formulierung:

 

Die Edelmetalle sind nicht individuell gekennzeichnet und pro Kunde ausgeschieden. Zudem wird die Qualität der Edelmetalle für die Zählung nicht physikalisch überprüft“.

 

Von der fehlenden Qualitätsüberprüfung einmal abgesehen, ist der Eigentumserwerb nach deutschem Recht fraglich, soweit die Edelmetalle nicht individuell gekennzeichnet und den einzelnen Kunden/Anlegern zugeordnet sind, wie die Beispiele bei PIM Gold und BWF-Stiftung grundsätzlich zeigen.

 

  • Regelungen in den AGB der SWM AG

 

In Ziffer 6.5 der SWM-AGB heißt es:

 

„Der Kunde erwirbt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung die bestellten Edelmetalle. […] Eine Abtrennung des vom Kunden erworbenen Anteils von den Einkaufseinheiten wird erst zum Zeitpunkt der Herausgabe bzw. des Verkaufs z. B. infolge Kündigung an den Kunden erfolgen. Eine physische Trennung im Rahmen bzw. zum Zeitpunkt des Erwerbs des Eigentums für den Kunden erfolgt nicht. Vielmehr erwirbt der Kunde eine seinem Erwerb entsprechende Menge.“

 

Jedenfalls nach deutschem Recht, möglicherweise aber auch nach liechtensteinischem Recht steht bis zum Herausgabeverlangen, also während der Zeit der Einlagerung, nicht fest, welches Gold nun dem konkreten Anleger zuzuordnen ist. Ob bis dahin der Bestimmtheitsgrundsatz erfüllt ist, erscheint fraglich.

 

In Ziffer 8.3 der SWM-AGB heißt es:

 

„Der Kunde kann seinen Edelmetallbestand, der auf seinen Namen eingelagert ist, […]“

 

Hier scheint ein Widerspruch zu den Angaben im Wirtschaftsprüferbericht zu bestehen, siehe zuvor. Denn dort heißt es, dass die Edelmetalle gerade nicht individuell gekennzeichnet und pro Kunde ausgeschieden sind.

 

Zudem wird aus den Ziffern 11.6 und 13 der SWM-AGB deutlich, dass bestimmbare Goldanteile erst mit Herausgabeverlangen bzw. Kündigung individualisiert werden. Zuvor sind „Mengen“ für die Bestimmung der „Miteigentumsanteile“ maßgeblich. Damit scheint die SWM AG der Ansicht zu sein, dass Anleger an nicht individualisierten Mengen auf irgendeine Weise bestimmbare Miteigentumsanteile erwerben können, die aber erst mit Herausgabeverlangen abtrennbar und – nach deutschen Recht – konkretisierbar werden. Das klingt sonderbar und bedarf einer Gegenprobe nach liechtensteinischem Recht.

 

  1. Fazit

 

Die Frage des Eigentumserwerbs kann allein nach den Informationen auf der Homepage der SWM AG nicht beantworten werden. Zudem können wir lediglich nach deutschem Recht beurteilen. Interessierte Anleger sollten die entsprechenden Regelungen im Vertrag überprüfen und diese mit den tatsächlichen Umständen im Zusammenhang mit der Lagerung und/oder dem vertragsgemäßen Eigentumserwerb individuell nachhalten, ggfls. mit einem auf Anlegerrecht spezialisierten Kollegen (wir beraten regelmäßig Insolvenzverwalter, Anbieter und Finanzdienstleister in solchen Punkten und keine Anleger). Dabei erscheint eine Kooperation mit einem liechtensteinischen geboten.

 

Daniel Blazek

BEMK Rechtsanwälte PartGmbB