Interview mit Fachanwalt für Bank-und Kapitalmarktrecht Sascha Borowski von der Kanzlei BBR

Veröffentlicht:

Samstag, 24.02.2024
von Die Redaktion

Daz: Herr Borowski, herzlichen Dank für Ihre Zeit heute. Vor dem Hintergrund der jüngsten Skandale um kriminelles Verhalten in Genossenschaften würden wir gerne Ihre Meinung hören: Sollte die Aufsicht über Genossenschaften Ihrer Ansicht nach verstärkt durch eine externe Institution wie die BaFin erfolgen?

Sascha Borowski: Danke für die Einladung. Die jüngsten Ereignisse haben tatsächlich gezeigt, dass das Selbstkontrollsystem der Genossenschaften seine Grenzen erreicht hat. Die Möglichkeit für Genossenschaften, ihren Prüfungsverband selbst zu wählen, birgt ein Risiko für Interessenkonflikte und kann die Unabhängigkeit der Überprüfungen untergraben. Eine verstärkte Rolle der BaFin könnte hier mehr Klarheit und Sicherheit bringen.

Daz: Könnten Sie die Vorteile einer intensiveren Überwachung und Kontrolle durch die BaFin näher erläutern?

Sascha Borowski: Die BaFin hat weitreichende Erfahrungen in der Regulierung und Überwachung des Finanzsektors. Ihre Einbeziehung würde wahrscheinlich zu einer konsistenteren und strengeren Prüfungspraxis führen, was dem Anlegerschutz zugutekäme. Außerdem könnte die BaFin als unabhängige Behörde frühzeitig mögliche Missstände identifizieren und Gegenmaßnahmen einleiten.

Daz: Welche Bedenken oder Nachteile könnten mit einer solchen Veränderung einhergehen?

Sascha Borowski: Es bestehen Bedenken, insbesondere hinsichtlich der Flexibilität und Autonomie der Genossenschaften, die sich durch eine strengere externe Kontrolle eingeschränkt fühlen könnten. Zudem müsste die BaFin ihre Kapazitäten anpassen, um die zusätzlichen Aufgaben zu bewältigen. Es gilt abzuwägen, ob die Vorteile einer verstärkten Regulierung die potenziellen Nachteile aufwiegen.

Daz: Wie könnte ein Übergang zu einer stärkeren BaFin-Kontrolle praktisch aussehen?

Sascha Borowski: Dies würde eine gründliche Planung und Koordination mit allen Beteiligten erfordern. Zuerst müssten die gesetzlichen Rahmenbedingungen angepasst oder neu geschaffen werden. Eine schrittweise Einführung, bei der zunächst bestimmte Risikobereiche fokussiert werden, könnte sinnvoll sein. Dabei ist es wichtig, die Genossenschaften in den Prozess einzubeziehen, um Zustimmung und Kooperation zu sichern.

Daz: Was sollten Anleger tun, um sich vor potenziellen Risiken zu schützen?

Sascha Borowski: Anleger sollten sich gründlich über jede Investition informieren und die Glaubwürdigkeit sowie Geschäftspraktiken der betreffenden Genossenschaft prüfen. Wichtig ist auch, die Prüfberichte der Verbände kritisch zu betrachten. Durch Diversifikation der Investments kann zudem das Risiko gestreut und mögliche Verluste minimiert werden.

Daz: Vielen Dank, Herr Borowski, für das aufschlussreiche Interview und Ihre Einblicke.

Sascha Borowski: Es war mir eine Freude, danke, dass ich meine Perspektive zu diesem wichtigen Thema teilen durfte.