Kündigung einer impfverweigernden Arzthelferin wirksam

Veröffentlicht:

Donnerstag, 30.03.2023
von Redaktion

Die Kündigung einer nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpften Arzthelferin zum Schutz der Patienten und des Personals vor Ansteckung verstößt nicht gegen das Maßnahmenverbot des § 612a BGB*.

Die Klägerin war seit dem 1. Februar 2021 als Arzthelferin bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt, beschäftigt. Die Klägerin war in verschiedenen Abteilungen in der Patientenversorgung eingesetzt. Sie war nicht bereit, sich gegen SARS-CoV-2 impfen zu lassen und nahm die Impfangebote ihres Arbeitgebers nicht an. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Wartefrist des § 1 Abs. 1 KSchG** mit Schreiben vom 22. Juli 2021 mit einer Frist zum 31. August 2021. Die Klägerin erhob Klage und machte insbesondere geltend, die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot des § 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Sie sei nicht verpflichtet gewesen, sich vor der am 15. März 2022 in Kraft tretenden Impf- oder Rekonvaleszenznachweispflicht für Krankenhauspersonal (vgl. § 20a IfSG) zu impfen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Die Revision des Klägers vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts blieb erfolglos. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Kündigung nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstößt. Es fehle an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsausübung des Arbeitnehmers und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers. Wesentlicher Grund für die Kündigung sei nicht die Weigerung des Klägers gewesen, sich gegen SARS-CoV-2 impfen zu lassen, sondern die Absicht, die Patienten und Mitarbeiter des Krankenhauses vor einer Ansteckung durch ungeimpftes medizinisches Personal zu schützen. In diesem Zusammenhang ist es rechtlich unerheblich, dass die Kündigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht ausgesprochen wurde. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen keine Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. März 2023 – 2 AZR 309/22 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. Juli 2022 – 5 Sa 461/21 –

Hinweis:

Der Senat hatte wegen der nicht erfüllten Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht darüber zu entscheiden, ob eine Kündigung wegen fehlender Bereitschaft, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen, sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 KSchG ist.

*§ 612a BGB lautet:
„§ 612a Maßregelungsverbot
Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.“

**§ 1 Abs. 1 KSchG lautet:
„§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.“