Verhandlungstermin am 13. März 2023 um 11:00 Uhr im sogenannten Dieselskandal (Abtretung von Schadensersatzansprüchen an die Finanzierungsbank; VIa ZR 1517/22)

Veröffentlicht:

Montag, 06.03.2023
von Redaktion

Der vom Präsidium des Bundesgerichtshofs vorübergehend als Hilfsspruchkörper eingerichtete VIa. Zivilsenat (vgl. Pressemitteilung Nr. 141/2021 vom 22. Juli 2021) wird am 13. März 2023 über die Frage verhandeln, ob die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Finanzierungsbank enthaltene Klausel über die Sicherungsabtretung von Ansprüchen des Käufers und Darlehensnehmers gegen den Verkäufer und Hersteller eines Dieselfahrzeugs Ansprüche auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung erfasst und wirksam ist.

Sachverhalt:

Der Kläger nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung auf Schadensersatz in Anspruch.

Im März 2019 erwarb der Kläger von der Beklagten als Verkäuferin einen Mercedes GLC 250 für 55.335,89 € als Neuwagen. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 (Schadstoffklasse EURO 6) ausgestattet. Der Kläger leistete eine Anzahlung in Höhe von 9.140 € an die Beklagte. Den Kaufpreis finanzierte er im Übrigen in Höhe von 46.195,89 € teilweise noch valutierend bei einer Bank (künftig Darlehensgeberin). Dem Darlehensvertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Darlehensgeberin zugrunde. Dort hieß es unter anderem:

„II. Sicherheiten

Der Darlehensnehmer räumt dem Darlehensgeber zur Sicherung aller gegenwärtigen und bis zur Rückzahlung des Darlehens noch entstehenden sowie bedingten und befristeten Ansprüche des Darlehensgebers aus der Geschäftsverbindung einschließlich einer etwaigen Rückabwicklung, gleich aus welchem Rechtsgrund, Sicherheiten gemäß nachstehenden Ziffern 1-3 ein. […]

[…]

3. Abtretung von sonstigen Ansprüchen

Der Darlehensnehmer tritt ferner hiermit folgende – gegenwärtige und zukünftige – Ansprüche an den Darlehensgeber ab, […] [der] diese Abtretung annimmt:

[…]

– gegen die [Beklagte] […], gleich aus welchem Rechtsgrund. Ausgenommen von der Abtretung sind Gewährleistungsansprüche aus Kaufvertrag des Darlehensnehmers gegen die […] [Beklagte] oder einen Vertreter der […] [Beklagten]. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber auf Anforderung jederzeit die Namen und Anschriften der Drittschuldner mitzuteilen.

[…]

6. Rückgabe der Sicherheiten

Der Darlehensgeber verpflichtet sich, nach Wegfall des Sicherungszweckes (alle Zahlungen unanfechtbar erfolgt) sämtliche Sicherungsrechte (Abschnitt II. Ziff. […] 3) zurückzuübertragen […] Bestehen mehrere Sicherheiten, hat der Darlehensgeber auf Verlangen des Darlehensnehmers schon vorher nach […] [seiner] Wahl einzelne Sicherheiten oder Teile davon freizugeben, falls deren realisierbarer Wert 120% der gesicherten Ansprüche des Darlehensgebers überschreitet […]“

Bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger hat die Beklagte in den Vorinstanzen unter dem Gesichtspunkt des Rücktritts vom Kaufvertrag und unter dem Gesichtspunkt einer deliktischen Schädigung wegen des Inverkehrbringens des Fahrzeugs auf Zahlung nebst Verzugszinsen an sich sowie auf Freistellung von restlichen Darlehensraten, Zug um Zug gegen Übergabe und Übertragung des Anwartschaftsrechts auf Rückübereignung des Fahrzeugs, in Anspruch genommen. Weiter hat er auf Feststellung des Annahmeverzugs und die Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten angetragen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Kläger sei, soweit er sein Begehren auf eine unerlaubte Handlung der Beklagten stütze, nicht aktivlegitimiert, weil er etwa bestehende deliktische Ansprüche an die Darlehensgeberin abgetreten habe. Die in den Darlehensvertrag einbezogene Abtretungsklausel erfasse die geltend gemachten deliktischen Ansprüche und halte einer Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand. Weder sei sie – weil bankenüblich – überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB noch benachteilige sie den Kläger unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Klausel sei auch nicht unklar. Eine bloße Sicherungsabtretung berühre zwar regelmäßig nicht die Befugnis des Abtretenden, das übertragene Recht gerichtlich oder außergerichtlich geltend zu machen. Vom Vorliegen der hierfür erforderlichen Einziehungsermächtigung sei bei der sogenannten stillen Sicherungsabtretung grundsätzlich auszugehen, wenn keine Tatsachen vorgetragen seien, die im Einzelfall auf eine von der Regel abweichende Abrede hindeuteten. Aufgrund der Offenlegung der Sicherungsabtretung könne der Kläger aber nicht Zahlung an sich verlangen, sondern nur noch Leistung an die Darlehensgeberin. Auch sein Hilfsantrag scheitere an der fehlenden Aktivlegitimation. Da der Kläger Schadensersatz nicht verlangen könne, sei weder der Annahmeverzug der Beklagten festzustellen noch seien dem Kläger die beantragten Nebenforderungen zuzuerkennen.

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine zweitinstanzlich gestellten Anträge weiter, soweit er sie auf eine unerlaubte Handlung der Beklagten durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs stützt.

Die maßgeblichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs lauten:

§ 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

§ 307 Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Vorinstanzen:

Landgericht Stuttgart – Urteil vom 8. April 2021 – 24 O 283/20

Oberlandesgericht Stuttgart – Urteil vom 28. September 2022 – 23 U 2239/21

Karlsruhe, den 6. März 2023

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