PIM Gold – Klagen des Insolvenzverwalters gegen Ex-Vermittler erhoben

Veröffentlicht:

Dienstag, 20.12.2022
von Daniel Blazek

Die BEMK Rechtsanwälte vertreten bislang 180 ehemalige Ex-Vermittler der insolventen PIM Gold GmbH. Formal wurden diese früher über die Anbieterin selbst und später über die ebenfalls insolvente Premium Gold Deutschland GmbH vertraglich angebunden. Insolvenzverwalter über die Vermögen beider Gesellschaften ist Dr. Renald Metoja.

I. Anfechtungen, Kernfrage

Dieser focht im Herbst 2022 Provisionen an, die an die Ex-Vermittler ausgezahlt wurden in den Jahren 2016 bis 2019. Den Schwerpunkt bilden dabei Zahlungen, die zwar von der Premium Gold Deutschland GmbH geschuldet waren, aber von der PIM Gold GmbH gezahlt wurden (im sog. Dreipersonenverhältnis).

Dies wirft gleich mehrere Fragen auf, vor allem diejenige nach dem tatsächlichen Dreipersonenverhältnis bzw. der eigenständigen der Premium Gold Deutschland GmbH. Eine ehemalige Vermittlerin berichtete uns ausführlich von der mündlichen Begründung des Strafurteils gegen den hauptverantwortlichen PIM-Manager der Großen Strafkammer für Wirtschaftsstrafsachen am 13. Dezember 2022. Und der Vorsitzende soll davon überzeugt gewesen sein, dass die PIM Gold und die Premium Gold Deutschland GmbH nicht zwei, sondern wertungsmäßig nur ein Unternehmen darstellten. Der Hauptverantwortliche habe jederzeit alles allein entschieden und sei für beide formal eigenständigen Unternehmen alleinverantwortlich gewesen und habe über das Geld und das Gold bestimmt und verfügt. Auch habe die Premium Gold Deutschland GmbH immer das Geld nur von der PIM Gold GmbH bekommen. Der vom Gericht beauftragte Gutachter habe ebenfalls nicht feststellen können, dass die Premium Gold Deutschland GmbH jemals eigenständig war.

Das wiederum deckt sich mit unserer vorgerichtlichen Entgegnung gegenüber dem Insolvenzverwalter für unsere Mandanten. Unserer Ansicht nach ist zweifelhaft, ob es sich wertungsmäßig um Mehrpersonenverhältnisse handelt. Denn bei PIM Gold gelten die Besonderheiten, dass a) die Geschäftspartnerverträge ursprünglich mit der PIM Gold GmbH geschlossen worden sind, bevor die PGD GmbH entstand, b) die PGD GmbH keinen weiteren nennenswerten Zweck hatte als die Vertriebsanbindung und Vertriebsorganisation und dementsprechend auch keine anderweitigen Einnahmen hatte als Provision (die sie größtenteils an die angebundenen Vermittler auszuschütten hatte) und c) sich der Mittelfluss insgesamt so gestaltete, dass die eingeworbenen Käufer bzw. Investoren die Kaufpreise an die PIM Gold GmbH zahlten, von dort die Provision an die PGD GmbH gezahlt werden sollte und von dort teilweise wieder an die Vermittler. Dieser enge Mittelkreislauf wird auch dadurch belegt, dass die PIM Gold GmbH deshalb die Provisionszahlungen an die Vermittler zum Zwecke der Abkürzung direkt leistete bzw. insoweit die Schuld der PGD GmbH übernahm. Beide Gesellschaften konnten nur gemeinsam existieren und verfolgten einen verbundenen wirtschaftlichen Zweck, weshalb sie als einheitliche Unternehmung betrachtet werden müssen.

II. Weitere Fragen

Neben der sog. Schenkungsanfechtung gemäß § 134 Abs. 1 InsO (als Insolvenzverwalter über das Vermögen der PIM Gold GmbH) werden auch Deckungsanfechtungen gemäß § 131 Abs. 1 InsO (als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Premium Gold Deutschland GmbH) erklärt. Würde ein Anfechtungsgegner in diesem Alternativverhältnis auf die Deckungsanfechtung hin leisten, wäre die Schenkungsanfechtung ausgeschlossen; vgl. BGH Urt. v. 4. Februar 2016 – IX ZR 42/14, Leitsatz. Es fragt sich, warum innerhalb der jeweiligen Schnittmenge „beide“ Verwalter über die beauftragte Kanzlei anfechten lassen.

Daneben kommt gerade im Dreipersonenverhältnis in Betracht, dass eine Insolvenzanfechtung nicht nur gegenüber dem Leistungsempfänger, sondern auch gegenüber dem Angewiesenen bzw. der Mittelsperson erfolgt; vgl. BGH, Urt. v. 29. November 2007 – IX ZR 121/06, Leitsätze. Damit fragt sich, ob der Verwalter der PGD GmbH sich selbst gegenüber als Verwalter der PIM Gold GmbH angefochten hat und wenn ja, mit welchem Ergebnis.

Zudem scheint die Kanzlei des Insolvenzverwalters, wie öffentlich nachzulesen ist, der Ansicht zu sein, dass die mit dem Gläubigerausschuss abgestimmte Beauftragung externer Spezialisten (eine Kanzlei aus Frankfurt) für die Masse unerheblich sei, soweit es die Anfechtungen betrifft. Zwar seien es Massenverbindlichkeiten, aber es sei mit einer gesteigerten Kostenlast nicht zu rechnen, da auch bei einer eigenen Geltendmachung durch einen Verwalter nach § 5 InsVV mit einer entsprechenden Kostenlast der Masse zu rechnen sei. Auch dies erschließt sich nicht. Denn die Anfechtung ist gesetzliche Aufgabe eines jeden Verwalters und die darauf bezogene Aufarbeitung als vergütungsrechtliche Regeltätigkeit anzusehen. Je nach Komplexität kann es dafür zwar Zuschläge geben nach § 3 InsVV. Wieso sich indes auf § 5 InsVV (Einsatz besonderer Sachkunde) im Ergebnis eine RVG-Kostenlast der Masse ergeben soll, ist nicht ohne Weiteres ersichtlich. Ist für die Regeltätigkeit der (bloßen) Anfechtung besondere Sachkunde erforderlich ist im Sinne von § 5 InsVV? Wohl nicht.

III. Erste Klage zugestellt

Mittlerweile wurden erste Anfechtungsklagen von den angerufenen Gerichten an uns als Prozessbevollmächtigte oder direkt an die jeweiligen Beklagten zugestellt. Die Welle rollt also an. Dabei ist es wichtig, dass die direkten Empfänger unbedingt die Frist zur Anzeige der Verteidigungsabsicht einhalten, da andernfalls ein Versäumnisurteil ergehen kann. Diese Notfrist von zwei Wochen (§ 276 Abs. 1 S. 1 ZPO) kann nicht verlängert werden. Handelt es sich um eine Klagesumme über 5.000,00 EUR, muss der jeweilige Beklagte einen Rechtsanwalt beauftragen, da ein Landgericht zuständig ist; vgl. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG, 78 ZPO.

Daniel Blazek, BEMK Rechtsanwälte, 20. Dezember 2022