Zu Unrecht gezahlte Bausparkassen-Entgelte zurückverlangen

Veröffentlicht:

Mittwoch, 23.11.2022
von Redaktion

Wie der Bundesgerichtshof kürzlich urteilte, darf die Bausparkasse BHW für die Verwaltung der Bausparkonten in der Sparphase kein Jahresentgelt verlangen.

BHW verlangte jährlich 12 Euro pro Bausparkonto

In ihren Tarifbedingungen hatte die Bausparkasse BHW für jedes Bausparkonto ein Jahresentgelt von 12 Euro erhoben. Die Gebühr rechtfertigte die Bausparkasse damit, dass sie das Bausparkollektiv steuern und die einzelnen Bausparverträge laufend bewerten müsse, um Kund:innen den Rechtsanspruch auf ein Bauspardarlehen zu verschaffen.

Zuvor hatte der BGH bereits Kontoführungsgebühren für Bauspardarlehen für unwirksam erklärt. Schon im Mai 2017 hatte der BGH entschieden, dass Bausparkassen in der Darlehensphase kein jährliches Kontoentgelt oder Servicepauschalen erheben dürfen. Zu Entgelten in der Sparphase hatte sich das Gericht in seinem Urteil damals aber nicht geäußert.

Viele Bausparkassen erheben in der Sparphase eine Kontogebühr. So hatte die Debeka-Bausparkasse für die Tarife BS1 und BS3 rückwirkend zum 1. Januar 2017 ein neues Entgelt eingeführt, auch Servicepauschale genannt. Andere Bausparkassen wie die Alte Leipziger oder die LBS Bayern zogen mit Kontogebühren nach.

Im Dezember 2019 hat die Verbraucherzentrale Sachsen gegen die Debeka Bausparkasse vor dem Oberlandesgericht Koblenz ein mittlerweile rechtskräftiges Urteil (Az. 2 U 1/19) erstritten. Danach ist die nachträglich eingeführte Servicepauschale in der Sparphase nicht zulässig. Kosten für Steuerungs- und Verwaltungsarbeit dürfen so nicht auf die Bausparkunden abgewälzt werden. Zu einer höchstrichterlichen Entscheidung durch den Bundesgerichtshof kam es nicht in diesem Fall, da die Bausparkasse ihre Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts kurz vor der Verhandlung zurückzog.

Sie möchten ein nachträglich in der Sparphase eingeführtes Entgelt wie die sogenannte Servicepauschale  zurückfordern? Dann hilft Ihnen dieser Musterbrief.

Schweigen ist keine Zustimmung

„Wer schweigt, bejaht“ gilt nicht für Änderungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Das untermauert ein BGH-Urteil vom 27. April 2021 (Az. XI ZR 26/20). Der  Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hatte die Postbank verklagt, weil Klauseln Verbraucher:innen benachteiligen. Das Urteil stärkt Ihre Rechte als Bausparer:in. Demnach müssen Sie einer Änderung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen AGB) grundsätzlich ausdrücklich zustimmen.

In diesem Artikel lesen Sie, wie Sie Bankgebühren zurückfordern können.

Gezahlte Kontogebühren zurückverlangen

Die Verbraucherzentralen empfehlen Ihnen, aktiv Widerspruch einzulegen und gezahlte Kontogebühren zurückzufordern. Achten Sie dabei darauf, dass sie den Eingang Ihres Widerspruchs beweisen können. Legen Sie schriftlich Widerspruch ein. Am besten per Einwurfeinschreiben oder als belegbares Fax.

Wann verjährt Ihre Erstattungsforderung?

Die Frage der Verjährung ist noch nicht (höchst)richterlich geklärt. Jedenfalls ein Anspruch auf Erstattung der Entgelte der letzten 3 Jahre dürfte aber eindeutig bestehen. Bis zum Jahresende 2022 können Sie also mindestens noch die in den Jahren 2019 bis 2022 gezahlten Entgelte zurückverlangen. Geht man aus Vorsichtsgründen von dieser 3-jährigen Verjährungsregel aus, ist aber Eile geboten. Mit Ablauf des Jahres 2022 können die Entgelte aus 2019 nach dieser strengen Sichtweise nicht mehr verlangt werden. Fordern Sie also ihre Bausparkasse schnellstmöglich zur Zahlung auf. Weigert sich diese vor Jahresende zu zahlen, müssen Sie verjährungshemmende Schritte einleiten. Dies kann eine Klage oder die Einleitung eines Ombudsmannverfahrens sein. Ihr Aufforderungsschreiben/ der Versand unseres Musterbriefes reicht dafür nicht.

Nach unserer Auffassung ist Ihr Anspruch auf Erstattung aller inner­halb der letzten 10 Jahren gezahlten Gebühren noch nicht verjährt. Zwar verweisen Banken und Bausparkassen oft auf die – wie oben beschriebene – allgemeine 3-jährige Verjährungsfrist. Allerdings steht dem die Rechtsprechung des Europäischen Gerichts­hofes entgegen. Dieser urteilte bereits mehrfach: Die Forderung auf Erstattung aufgrund miss­bräuchlicher Klauseln gezahlter Entgelte dürfen nicht verjährt sein, bevor Verbraucher:innen erkennen konnten, dass sie ein Recht auf Erstattung haben. (Europäischer Gerichts­hof, Urteile vom 10.06.2021, Aktenzeichen: C-609/19 und C-776/19 bis C-782/19 sowie Urteile vom  08.09.2022, Aktenzeichen: C-80/21 bis C-82/21).

Erst mit der jüngsten BGH Entscheidung vom 15.11.2022 konnten Verbraucher:innen erkennen, dass sie ein Recht auf Erstattung haben. Vorher gab es keine höchstrichterliche Rechtsprechung und auch auf Ebene der Oberlandesgerichte gab es keine gefestigte Rechtsprechung.

Im Streit können Ombudsleute helfen

Ein Mittelweg zwischen Aufgabe und Klage kann das Ombudsmannverfahren sein. Auf diesem Wege entstehen immerhin keine weiteren Kosten. Die Verfahrensordnungen der Ombudsleute sehen aber in der Regel vor, dass sie zu gerichtlich ungeklärten Fragen nicht entscheiden. Daher kann derzeit nicht eingeschätzt werden, ob sie solchen älteren Erstattungsforderungen stattgeben.

Weitere Bausparkassen-Entgelte

Bausparkassen verlangen von ihren Kund:innen viele verschiedene Entgelte. Nicht alle sind unzulässig.

  • Diese Gebühr ist zulässig: Abschlussgebühr

Sie wird bei Abschluss des Bausparvertrages fällig. Schon im Dezember 2010 hatte der BGH entschieden, dass dieses Entgelt zulässig ist. Das Urteil des BGH vom Mai 2017 und November 2022 änderte daran nichts.

  • Diese Gebühr ist unzulässig: Darlehensgebühr

Diese verlangten zahlreiche Bausparkassen bisher bei Auszahlung des Bauspardarlehens. Nachdem die Verbraucherzentrale NRW geklagt hatte, erklärte der BGH dieses Entgelt 2016 für unzulässig.

Quelle: https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/geld-versicherungen/bau-und-immobilienfinanzierung/bausparkassenentgelte-unzulaessig-so-fordern-sie-kontogebuehren-zurueck-10855

Wie der Bundesgerichtshof kürzlich urteilte, darf die Bausparkasse BHW für die Verwaltung der Bausparkonten in der Sparphase kein Jahresentgelt verlangen. BHW verlangte jährlich 12 Euro pro Bausparkonto In ihren Tarifbedingungen hatte die Bausparkasse BHW für jedes Bausparkonto ein Jahresentgelt von 12 Euro erhoben. Die Gebühr rechtfertigte die Bausparkasse damit, dass sie das Bausparkollektiv steuern und […]

mohamed_hassan (CC0), Pixabay

Veröffentlicht: Mittwoch, 23.11.2022
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